Ich weiß gar nicht, wer den Mythos vom mitlaufenden dritten Kind in die Welt gesetzt hat.
War es jemand mit zwei Kindern oder gar ohne Kinder?
Auf alle Fälle dürfte es wohl niemand mit drei oder mehr Kindern gewesen sein.
Wie oft darf ich mir von anderen Eltern den Satz anhören, dass das dritte Kind ja eigentlich eh nur mit läuft.
So richtig weiß ich mit dieser Aussage nichts anzufangen. Was will man damit eigentlich sagen? Dass das dritte Kind keine Arbeit macht, man sich nicht mit ihm beschäftigen muss und ob jetzt zwei oder drei (oder vier, oder fünf) Kinder eh keinen Unterschied machen?
Fakt ist, das dritte Kind läuft nicht „einfach so“ mit.
Es hat die gleichen Bedürfnisse wie die anderen beiden Kinder. Es braucht genauso viel Liebe, Aufmerksamkeit, genauso oft etwas zu Essen und zu trinken…und macht genauso oft in die Windeln.
Ich bin keine Mama, die nur erzählt wie toll alles läuft und wie lieb und brav die Kinder sind.
Ich sage ganz ehrlich wie das Leben mit Kindern ist.
Und das erste Jahr mit drei Kindern ist (besonders wenn sie alle noch recht klein sind) extrem kräftezehrend, extrem anstrengend, extrem belastend. Einfach extrem.
Aber vor allem … extrem schön.
Ich kam in diesem ersten Jahr nicht nur einmal an meine Grenzen und darüber hinaus. Und ich empfinde das zweite Jahr, in dem wir uns gerade befinden, nochmal anstrengender.
Dabei hatte ich schon Glück mit Sohn Nummer drei. Er ist eins dieser Babys die mit ein paar Wochen durchgeschlafen hat (ich hätte das beim ersten Kind auch nie für möglich gehalten – aber das gibt es wirklich!) und es bis heute tut. Auch war er immer sehr genügsam. Hauptsache er war im Tragetuch und alles war gut. Das Stillen hat, wie bei allen meinen Jungs, von Anfang an tadellos geklappt (und wir genießen es weiterhin).
Aber dennoch…drei Kinder – das ist eine Hausnummer. Allen immer irgendwie gerecht zu werden, die Kuscheleinheiten irgendwie aufzuteilen (wozu hat man zwei Arme und einen Bauch), täglich ein frisches und (halbwegs) gesundes Essen auf den Tisch bringen, den Großen in den Kindergarten bringen und abholen (war wohl eins der anstrengendsten Sachen vom ganzen Tag) und zu Hause die beiden Kleinen betreuen. Puh ja, das ist nicht ohne.
Da läuft keiner mit. Nicht einfach so und nicht irgendwie. Nein. Alle wollen 100% Mama. Jeder kann aber nur 33,33% haben.
Da meine drei Jungs sehr dicht bei einander sind, hatte ich das erste halbe Jahr zudem drei Wickelkinder. Ich war ja schon vorher Wickelprofi; aber nun bin ich zum absoluten Wickelhulk mutiert. Wer 20x am Tag wickelt – der hat’s drauf. Der hat einen Doktortitel fürs Wickeln verdient.
Ein paar Monate nach tinyBros Geburt wurde der Sandwich Bruder in den Kindergarten eingewöhnt. Ich wusste noch vom großen Bruder wie anstrengend eine Eingewöhnung mit einem Baby ist (littleBro war da fast ein Jahr alt).
Aber dieses Mal wurde das noch getoppt. Meistens saß ich stillend im Aufenthaltsraum. Als littleBro dann ein paar Stunden allein bleiben durfte, bekam Stress eine neue Bedeutung. Der kleine Bruder war immer sehr auf seinen Rhythmus bedacht. Vormittags war zum Schlafen da (nachmittags und nachts auch – ich sage ja, es war ein Wunderschlafbaby). Da wir aber erst um 10 Uhr in den KiGa durften und dann um 11:30 wieder da sein mussten, lief es immer so ab, dass er eingschlummert ist, ich ihn wecken musste, er geweint hat. Und zwar bitterlich. Er tat mir so leid.
Wie gut hat es das erste Kind. Alles kann nach seinem Rhythmus geplant werden. Man hat nur Augen für dieses eine Kind, kann seine ganze Zeit (naja, nicht die ganze…) für es verwenden.
Jedes weitere Kind muss da Abstriche machen. Anstatt ruhiger und entspannter Babyalltag hatten wir jede Menge Stress.
Er musste mitlaufen. Aber nicht einfach so und auch nicht super easy.
In dieser Zeit war ich glücklicher denn je, Tragetücher zu besitzen. TinyBro hat sehr viel Nähe gebraucht. Den Kinderwagen haben wir im ersten Jahr vielleicht zwei Mal benutzt. Eigentlich war er immer irgendwie im Tuch zu finden.
Ich habe das zwar sehr genossen – und genieße es immer noch – aber es wurde mit steigendem Körpergewicht des kleinen Mannes zunehmend schwerer mit den großen Jungs zu spielen und zu toben während der Kleine im Tuch gekuschelt hat.
Also meine Schultermuskeln sind gut trainiert.
Vielleicht sollte man lieber „das dritte Kind wird einfach so mitgetragen“ sagen. Dann würde das so halbwegs stimmen.
Mein dritter Sohn ist nun 19 Monate alt. Und bisher haben alle überlebt. Ich aber nur knapp.
Seit er laufen kann, und somit eigentlich mitlaufen (einfach so) könnte, empfinde ich unseren Alltag als sehr viel stressiger. Er schläft nicht mehr so viel, wird nicht mehr so viel getragen, sondern möchte beim Spazierengehen lieber selbst Laufrad fahren (und mehr als zwei Augen hat man ja nun auch nicht) und hat mittlerweile seinen eigenen Sturkopf und liegt auch schonmal gerne auf dem Boden, wenn ihm irgendwas nicht passt.
Seine Bedürfnisse sind nicht mehr so einfach zu erfüllen wie in der Babyzeit. Da war er mit Stillen, Kuscheln, Tragen und Vorsingen meist zufrieden.
Jetzt möchte er mit mir spielen, wenn ich gerade mit dem Großen Memorie spiele und das Sandwichkind auch schon Blödsinn macht weil es keine Aufmerksamkeit bekommt. Ich kann mich doch nicht zerreißen.
Denn auch wenn die zwei großen schon sehr viel nur zu zweit spielen und auch ab und an der kleine Bruder mitspielen darf (nur nicht wenn er irgendwas von ihren Sachen wegnimmt oder aber, Gott bewahre, einen Bauklotz um 1 cm verschiebt), möchten doch alle auch Zeit mit Mama verbringen. Unter der Woche bin ich allerdings allein mit den drein und versuche trotzdem irgendwie allen gerecht zu werden. Da ist es am Wochenenende schon einfacher, wenn auch mal der Papa wickeln kann oder eine Runde puzzelt während ich Essen koche.
Gerade das dritte Kind braucht oft die meiste Aufmerksamkeit. Er kann sich weder allein anziehen, noch auf Toilette gehn, noch sich ein Glas Wasser einschenken. Anstatt mitzulaufen ist er der Mittelpunkt meines Tages. Derjenige, um den ich mich am allermeisten kümmern muss. Derjenige, der noch am meisten Mama braucht.
Irgendwie möchte ich ihm auch besonders viel Aufmerksamkeit geben. Dass ich ihn weiterhin trage und stille hat auch was damit zu tun, Zeit für uns zu haben. Gerade weil ich weiß, wieviel er in seiner Babyzeit zurückstecken musste. Dass er immer einer von vielen sein wird und nie den Luxus des ersten und einzigen Kindes erleben durfte.
manchmal tut mir das ganz schön leid für ihn und dann denke ich aber wieder, dass es auch eine große Bereicherung für ihn ist zwei große Brüder zu haben. Es ist immer jemand da, der mit ihm spielt. Wenn ich gerade nicht kann, wird er von seinen Brüdern getröstet, bekommt einen Keks ab (vielleicht…) oder bekommt die Schuhe angezogen. Es sind immer coole Spielzeuge im Haus und nicht nur so Babykram und das Gokart vom großen Bruder ist eh viel toller als das eigene Bobycar.
Das Leben mit drei Kindern ist kein Zuckerschlecken. Es ist ganz schön anstrengend und ja, es ist deutlich anstrengender als zwei Kinder zu haben, denn das Dritte läuft nicht einfach so mit. Das es so anstrengend wird, hätte ich vor der Geburt auch nicht gedacht (oder sagen wir mal, vor der Schwangerschaft, denn eine Schwangerschaft mit zwei Kleinkindern zu Hause ist auch kein Waldspaziergang).
Aber es lohnt sich so sehr. So sehr.
Ich kann jeden, der darüber nachdenkt ein drittes Baby zu bekommen nur dazu raten. Denn es ist toll. Der dritte Bruder hat unser Leben so sehr bereichert.
All die Sorgen, die man hat, wie man hat nur zwei Arme, zählen nicht. Man hat auch noch einen Bauch und einen Rücken und mehr als genug Platz für alle. Die Liebe muss sich auch nicht teilen. Es kommt einfach noch ein Haufen neue Liebe hinzu.
Nein, das dritte Kind läuft nicht einfach so mit. Es geht mit uns Hand in Hand gemeinsam durchs Leben.